Guter Wein ist ein immer ein Reisegrund. Daher waren wir auch sofort begeistert, als uns Freunde fragten, ob wir nicht Lust hätten auf eine Reise zur Wiege des Weins.
Aber Georgien ist mehr als nur Wein: Das kleine Land an der Schnittstelle zwischen Europa und Asien ist landschaftlich unglaublich vielfältig und umfasst Strände am Schwarzen Meer, Hochgebirgsregionen im Kaukasus, wüstenähnliche Steppen und liebliche Weinanbaugebiete. Da dies in einer Woche nicht zu bewältigen ist, entschieden wir uns für eine Rundreise durch den Osten des Landes.
Wir starten unsere Reise in Tbilissi, wie Tiflis auf georgisch heißt. Die Hauptstadt hat eine bewegende Geschichte hinter sich: Römer, Araber, Perser, Türken und nicht zuletzt die Russen haben hier ihre Spuren hinterlassen. Das prägt das Stadtbild der Millionenstadt. Trotz der Größe sind die wichtigsten Sehenswürdigkeiten gut fußläufig zu erkunden. Eine Orientierung ist der Mtkwari Fluss, der die Stadt durchfließt. Das Bäderviertel Abanotubani ist ein guter Startpunkt. Von den ehemals vielen Schwefelbädern sind heute nur noch wenige in Betrieb, das markanteste ist das Orbeliani-Bad mit prunkvoller persischer Fassade. Für einen Besuch reicht leider unsere Zeit nicht, aber ein Bad mit Massage ist sicher ein Erlebnis. Wir spazieren an dem Flüsschen entlang, das zu einem kleinen Wasserfall führt und bekommen einen ersten Eindruck von typischen Tifliser Häusern mit ihren bunten Farben und filigranen Balkonen.
Vom Bäderviertel schlendern wir durch den verwinkelten Altstadtkern. Teilweise sind die Häuser renoviert aber in den Nebenstraßen sieht man, welche Auswirkung die wechselhafte Geschichte aber auch das letzte Erdbeben von 2002 hatte. Viele Häuser bröckeln langsam vor sich hin und stehen kurz vor dem Zusammenfall. Trotzdem entfaltet die Stadt einen besonderen Charme.
An der Sioni-Kathedrale, die bis 2004 Sitz des georgisch-orthodoxen Patriarchen war, folgen wir einem Tipp aus unserem Reiseführer und unserer Nase, in die uns der verführerische Duft von frischgebackenem Brot steigt. Über eine unscheinbare Kellertreppe gelangen wir in eine der ältesten Bäckereien der Stadt und gönnen uns ein Chatschapuri, eine Art georgische Käsepizza. Köstlich.
Wir folgen dem Mtkwari Fluss und gelangen über die Trockene Brücke, auf der täglich ein Flohmarkt stattfindet, nach „Neu-Tiflis“ in den Stadtteil Tschughureti, eine ehemalige kaukasusdeutsche Kolonie. Die Haupteinkaufstraße, die Agmashenebeli Avenue, ist neu renoviert und zu einer Fußgängerzone ausgebaut, in der sich zahlreiche Restaurants und Cafés aneinanderreihen. Aber schon in den Nebenstraßen findet man schnell wieder das ursprüngliche Tiflis. Unser Ziel ist das Fabrika, eine ehemalige sowjetische Näherei, die zu einem trendigen Hostel umgebaut wurde. Die um den Innenhof gelegenen Cafés, Bars, Ateliers und Werkstätten zeigen die moderne und hippe Seite von Tiflis.
Am besten betrachtet man das verworrene Stadtbild von Tiflis aber von oben. Ich empfehle zwei Aussichtspunkte: Von der Plattform der Metechi Kirche grüßt König Wachtang I. Gorgassali, der Gründer von Tiflis, seine Stadt. Von hier hat man einen herrlichen Blick über den Mtkwari Fluss auf die verwinkelte Altstadt mit seinen zahlreichen Kirchen, die von den Persern erbaute Narikala Festung und die monumentale Statue Kartlis Deda, die Mutter Georgiens; sie hält eine Schale Wein für die Freunde in ihrer linken und ein Schwert gegen die Feinde Georgiens in ihrer rechten Hand. Mit einer Gondel geht es dann bequem zur Narikala Festung hinauf. Hier öffnet sich der Blick auf die jüngere Geschichte von Tiflis. Ins Auge fällt die moderne Friedensbrücke von 2010, die die Altstadt mit dem Rike-Park verbindet und ein röhrenartiges Gebäude unterhalb des Präsidentenpalastes. Hier sollte nach Willen des ehemaligen Präsidenten Saakashvili ein Musik- und Theaterhaus entstehen, das aber nie fertig gestellt wurde. Und über allem thront die 2004 fertig gestellte, markante Zminda-Sameba-Kathedrale. Sie ist eine der größten Kirchen in Transkaukasien und Sitz des georgisch-orthodoxen Patriarchen.